Thema: Feiertage
Traditionelle Feiertage Taiwans
In der chinesischen Welt folgen traditionelle Feiertage überwiegend dem so genannten Mondkalender. Dabei handelt es sich um einen Kalender, der sich an den Phasen des Mondes orientiert. In Taiwan gibt es ein „Kalenderdaten“ „Lishu“ (曆數) oder auch „Jahrbuch“ „Tongshu“ (通書) genanntes Büchlein. In diesem sind Monate und Tage des Bauernkalenders, wie der Mondkalender auch heißt, und sämtliche landwirtschaftlichen Tätigkeiten und traditionellen Feste aufgelistet. Laut einer Studie der Academia Sinica besitzen 83% der Haushalte in ganz Taiwan dieses Büchlein.
Im Folgenden werden einige wichtige traditionelle Feiertage vorgestellt und erklärt, wobei sich alle Datumsangaben auf den Mondkalender beziehen.
Für Chinesen beginnt das Jahr mit dem Frühlingsfest. Das Frühlingsfest findet nach dem nationalen Sonnenkalender in etwa zwischen. Ende Januar und Ende Februar statt. Am Neujahrstag werden zu allererst die Ahnen verehrt. Dieses Ritual findet an einem Ort statt, der „Empfangshalle“ (廳堂) genannt wird . Vor der Empfangshalle steht ein Opfertisch, auf dem sich Opfergaben wie Speisen und Blumen finden. Zur Zeit der Gedenkfeier müssen die Familienmitglieder hier gemeinsam den Ahnen ihre Reverenz erweisen. Das Neujahrsfest in Taiwan ist ein sehr turbulentes Fest , die Familien kommen zusammen und man wünscht sich und seinen Freunden Alles Gute für das neue Jahr. Allenthalben werden Feuerwerkskörper abgebrannt – und das nicht nur, um böse Geister zu vertreiben, sondern auch um der ausgelassenen Stimmung willen.
Am 15. Tag des ersten Monats findet nach dem traditionellen chinesischen Kalender das Laternenfest statt. Es markiert das Ende des Neujahrsfests. An diesem Tag werden überall in Taiwan Laternenaufzüge veranstaltet, alle möglichen Laternen vorgeführt,Tangyuan (kleine Klößchen aus klebrigem Reismehl mit süßer Füllung) gegessen und man versucht, die an den Laternen angebrachten oder auf sie geschriebenen Rätsel zu lösen.
Auf den dritten Monat nach dem traditionellen Kalender fallen die Geburtstage vieler taiwanesischer Gottheiten. Daher werden allerorts in den Tempelnsukzessive Feste zur Feier der Geburtstage dieser Gottheiten abgehalten, wobei es ausgesprochen lebhaft zugeht. Dabei ist eine Zeremonie besonders feierlich die zu Ehren der Göttin Matsu, der Schutzpatronin der Fischer. Die Matsu-Tempel in Beigang und Dajia sind besonders bekannt, deshalb zieht dieses Fest Zehntausende von Pilgern an, die in Touristenbussenherbeieilen, um hier zu beten.
Ein wichtiger Feiertag im vierten Monat ist das Qingming-Fest (Totengedenkfest). Ursprünglich fiel dieser Feiertag in Taiwan auf den 15. Tag nach der Tagundnachtgleiche, aber die Regierung hat die offiziellen Qingming-Feiertage auf den 4. und 5. April gelegt, damit Familien an diesen Tagen die Gräber ihrer Angehörigen besuchen und pflegen können. Opfergaben wie Schwein, Huhn, Fisch oder Wein werden vor den Gräbern dargebracht und Papiergeld verbrannt, das zu den Vorfahren in den Himmel aufsteigen soll.
Auf den fünften Tag des fünften Monats fällt das Drachenbootfest. Es gibt viele unterschiedliche Meinungen über die Entstehung dieses Festes , am weitesten verbreitet ist die Vorstellung, die das Drachenbootfest als Gedenktag für den vorbildlichen Minister Qu Yuan aus dem alten China betrachtet, der auch ein sehr bekannter Dichter ist. An diesem Feiertaggibt es in jedem Haushalt Zongzi (Reisklösse). Vor vielen Haustüren hängen Kalmus, Beifuss oder Feigenzweige, um Insekten und böse Geister fernzuhalten. Besonders sehenswert ist das „Drachenbootrennen“, das auf größeren Flüssen stattfindet.
Am Abend des siebten Tages des siebten Monats nach dem traditionellen chinesischen Kalender findet die romantische „Nacht der Siebenen“, das Fest der Liebenden, statt. Dieser Monat trägt auch die Bezeichnung „Geistermonat“ , denn jetzt öffnet sich das Tor der Unterwelt , die Geister können von dort in die Welt der Menschen gelangen und ihr Unwesen treiben. Daher sind während des siebten M onats für viele Menschen auf Taiwan Dinge wie Umz üge, d er Erwerb von Häusern oder Autos, Hochzeiten und selbst Reisen tabu . Im Geistermonat besonders wichtig ist d as auf den 15. Tag fallende „Geisterfest“ (zhongyuan pudu). An diesem Tag werden vor den Häusern bzw. in den Tempeln Speisen geopfert und man tu t Gutes , in der Hoffnung, von „Jenen“ verschont zu bleiben.
Am 15. Tag des achten Monats findet das Mondfest statt , der Geburtstag der chinesischen Mondgöttin. Die Opfer bestehen aus Mondkuchen und Obst. Mondkuchen sind ein süßes Gebäck und rund, deshalb für Chinesen ein Symbol dafür, dass in der Familie alles „rund“ und harmonisch verläuft. Am Mondfest war es früher üblich, dass die Familien bei Mondkuchen und einem reichhaltige n Abendessen d ie strahlende Mondfrau bewunderte n. Heute sieht man es allerdings häufiger, dass im Familienkreis vor dem Haus gegrillt wird.
Die Wintersonnenwende im 11. M onat (entspricht dem 22. oder 23. Dezember) ist ein weiterer interessanter Feiertag. An diesem Tag gibt es in den Familien Tangyuan. Diese süße und klebrige Speise steht ebenfalls für d en familiären Zusammenhalt und Glück. Darüber hinaus symbolisier en die Tangyuan, dass man ein Jahr älter geworden ist. In den „Empfangshallen“ , in denen die Ahnen verehrt werden, werden Tangyuan auch als Opfergaben verwendet und man bittet Ahnen und Götter um ein friedliches Jahresende.
Im 12. M onat gibt es als Vorbereitung auf das Neujahrsfest viele Veranstaltungen. Am 24. , dem „Tag des Küchengotts“ (祭灶神), muss man dem Küchengott Zaoshen seine Reverenz erweisen. Er kehrt a m 24. Tag in den Himmel zurück und berichtet dem Gott der Götter , dem Jadekaiser, wie sich eine Familie im vergangenen Jahr verhalten hat . Damit Zaoshen dem höchsten Gott nur Gutes berichten kann, bestechen ihn die Leute mit Süßigkeiten aus Malzzucker . Auf den 30. des 12. M onats, d en letzten Tag des Jahres, fällt „Chinesisch Silvester “ (除夕). An diesem Feiertag bringt jede Familie zur Begrüßung des neuen Jahres je zwei Spruchbänder mit je einer Gedich tzeile als Neujahrswunsch rechts und links der Haustür an. Abends komm en die Familien zu einem friedlichen Familienessen (團圓飯) zusammen. Fisch darf dabei auf keinen Fall fehlen, denn im Chinesischen haben das Wort „Fisch“ (魚) und das Wort „Überfluss“ (餘) die gleiche Aussprache (yú) – wenn man sich also wünscht, „es soll im kommen den Jahr immer Fisch auf dem Tisch sein“, heißt das auch : „Es soll im kommenden Jahr immer Überfluss auf dem Tische herrschen.“ (年年有餘) Außerdem muss man bis Mitternacht „wachen“, man sitzt in den Familien zusammen, plaudert, macht Späße und geht nicht ins Bett, bis das Silvesterfeuerwerk zu Ende ist .
Betrachtet man sämtliche taiwanesische Feiertage , so wird bei vielen dieser Feste d ie enge Bez iehung zwischen Menschen, Göttern, Geistern und Vorfahren sehr deutlich. Darüber hinaus fördern die Feiertage aber auch den Zusammenhalt zwischen den Menschen und tragen damit zu einer Vertiefung der zwischenmenschlichen Beziehungen bei.
Fragen:
- Wie unterscheidet sich das chinesische vom deutschen Neujahrsfest?
- Welche Rolle spielt die Familie bei chinesischen Feiertagen?
- Gibt es auch in Deutschland Gerichte, die an Feiertagen auf keinen Fall fehlen dürfen?
- W ie ist heute das Verhältnis von Taiwaner n bzw. Deutschen zu traditionellen Feiertagen ?
- Welche Unterschiede gibt es in dieser Hinsicht zwischen den beiden Kulturen?
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