Die seit langem bestehende chinesische Kultur ist so umfassend und tiefgründig, dass man nicht alles darüber aus Büchern kennen kann. Und daher freut es mich sehr, dass Frau Liu unseren Besuch im Nationalen Palastmuseum so sorgfältig geplant hat.
Vor dem Besuch kündigte Frau Liu an, dass die Führung von Frau Tseng Shuyun, einer der besten Museums-Führerinnen des Nationalen Palastmuseums, durchgeführt werde, und dass wir werden sicher viele neue Kenntnisse erwerben könnten.
Ich bezweifelte das anfangs, denn ich dachte, alle Museums-Führungen sind ungefähr gleich, egal wo auf der Welt, aber ich wurde eines Besseren belehrt.
Dank der interessanten Führungstechnik von Frau Tseng war der Besuch sehr lebendig. So schläfrig am Morgen wir auch waren, erweckte sie bereits zu Beginn unsere Aufmerksamkeit mit dem früher sehr beliebten Fernsehdrama „Die Geschichte des Palastes Yanxi“. Dann stellte sie uns ausführlich ds Bild „Herbstfarben in den Que und Hua Bergen“ von Zhao Mengfu, einem Maler aus der Yuan-Zeit, vor. Durch die Vorstellung stellte sie das Gemälde uns lebhafter vor Augen, und auch die Intention Zhaos vermittelte Frau Tseng uns gut gut.
Was mich am tiefsten beeindruckt hat, ist das Gemälde „Die Pfingstrosen und die Katze“. Beim Anschauen des Bildes fragte uns Frau Tseng: Habt ihr etwas Außergewöhnliches darauf gefunden? Ich dachte, dass es bloß eine Skizze sei, die den Teil eines Frühlingsgartens darstellt. Außer den Pfingstrosen und der Katze scheint der Maler nichts weiter zeigen zu wollen. Warum aber hielten wir uns vor dem Bild so eine lange auf?
Nach einer langen Zeit der Stille gab uns Frau Tseng einen weiteren Hinweis: Die Künstler malten damals nur tagsüber, weil sie am Abend kein Licht hatten. Wenn man sich die Augen der Katze genauer anschaut, erkennt man: Die Pupillen der Katze sind nicht schmal, sondern rund.
Nun erklärte Frau Tseng weiter: Die Maler damals malten ganz wirklichkeitsgetreu. Die sich in alle Winkel ausdehnenden Pfingstrosen und Blätter Schatten geworfen, deshalb sind die Pupillen rundförmig. Und die Katze scheint von irgendetwas abgelenkt gewesen zu sein, wahrscheinlich von einem Schmetterling, deswegen zeigt sie sich aufschauend mit versteckten Füßen. Derartig viele Details hätte ich sonst nie gesehen.
Die sorgfältige und lebhafte Führung von Frau hat unsere gesamte Aufmerksamkeit auf die vorgestellten Bilder gezogen. Ihre Führung war so einmalig, dass mehrere Besucher angezogen wurden, um mitzuhören. Es ist nicht genug, in 2 Stunden die tausend Jahre Gemäldegeschichte Chinas gründlich zu verstehen, aber wir erhielten dadurch wirklich viele neue Erkenntnisse gegenüber der chinesischen Kultur. Vielen Dank auch an Frau Liu, dass sie das möglich gemacht hat. Wir haben echt viel erlebt!